Schwierige Mitarbeitergespräche führen
In unserem letzten Blogpost haben wir uns damit auseinandergesetzt, wie Führungskräfte Konflikte im Team erkennen und zielführend angehen können. In diesem Blogartikel möchten wir den Faden weiterspinnen und uns konkret darauf fokussieren, wie das Führen von Mitarbeitergesprächen – insbesondere in herausfordernden Situationen – gelingen kann. Mitarbeitergespräche sind ein unverzichtbarer Bestandteil von Führung. Ganz gleich, ob es um Leistungsbeurteilungen, Entwicklungsgespräche, Gehaltsverhandlungen oder Feedback-Gespräche geht – Mitarbeitergespräche zu führen stellt Führungskräfte oft vor große Herausforderungen.
Fragen, die vor schwierigen Mitarbeitergesprächen auftauchen können:
- Wie kann ich kritische Inhalte so formulieren, dass sie als konstruktives Feedback statt als persönlicher Angriff wahrgenommen werden?
- Welche Beispiele oder Daten sollte ich parat haben, um Feedback möglichst konkret zu untermauern?“
- „Wie kann ich meinem Gegenüber signalisieren, dass mir dessen Wohlergehen wichtig ist, obwohl ich gerade kritische Punkte anspreche?
- Wie finde ich die richtige Balance zwischen Lob und Kritik, damit das Gespräch motivierend wirkt und nicht entmutigt?
- Was, wenn sich der/die Mitarbeitende zurückzieht oder gar nicht auf meine Punkte eingeht – wie reagiere ich dann?
- Wie kann ich im Vorfeld meine eigenen Emotionen kontrollieren und mich auf mögliche Einwände oder Vorwürfe vorbereiten?
- Wie gehe ich damit um, wenn die/der Mitarbeitende alles in Frage stellt oder sich schnell angegriffen fühlt?
Ein Mitarbeitergespräch kann manchmal unangenehm sein, doch mit der richtigen Herangehensweise bieten selbst schwierige Themen eine Chance für Wachstum.
Die Grundlage für diesen Blogartikel ist das Buch Difficult Conversations: How to Discuss What Matters Most von Douglas Stone, Bruce Patton und Sheila Heen – ein absoluter Klassiker, wenn es darum geht, schwierige (Mitarbeiter)gespräche zu führen und konstruktiver zu gestalten.
Was macht Mitarbeitergespräche führen so „schwierig“?
- Unterschiedliche Wahrnehmungen und Geschichten
Jede Seite hat ihre eigene „Geschichte“ dessen, was vorgefallen ist oder gerade passiert. Häufig sind diese Geschichten geprägt von Annahmen und Interpretationen, die nicht unbedingt den realen Fakten entsprechen. Das führt zu Verständnisschwierigkeiten und lässt ein Mitarbeitergespräch „schwierig“ werden, wenn sich jede Seite auf ihre eigene Sichtweise versteift.
- Starke emotionale Komponenten
Gefühle bleiben oft unausgesprochen, spielen aber eine große Rolle. Ärger, Enttäuschung, Angst oder Frustration sind im Spiel und beeinflussen, wie wir das Verhalten unseres Gegenübers deuten und wie wir selbst agieren.
- Gefährdung der eigenen Identität
Schwierige Gespräche entstehen häufig dann, wenn unsere Identität bedroht zu sein scheint – etwa unser Selbstbild als kompetente Fachkraft, als faire Führungskraft oder als loyaler Kollege. Wenn wir befürchten, dass uns jemand unsere Kompetenz, unseren Wert oder unsere Integrität abspricht (ob bewusst oder unbewusst), reagieren wir oft besonders empfindlich – und das Gespräch wird zum Minenfeld.
- Tendenz zu Schuldzuweisungen
In schwierigen Gesprächen neigen wir dazu, Schuldfragen zu klären (z. B. „Wer ist verantwortlich für den Fehler?“) und über Absichten zu spekulieren („Du hast das absichtlich getan, um mich schlecht dastehen zu lassen“). Laut Stone, Patton und Heen ist genau diese Fokussierung auf Schuld und Absicht jedoch kontraproduktiv.
- Hohe persönliche Relevanz
Schwierige Mitarbeitergespräche drehen sich in der Regel um Themen, die uns sehr wichtig sind: Arbeitsleistung, Anerkennung, berufliche Entwicklung oder persönliche Beziehungen. Wo viel auf dem Spiel steht, sind die Emotionen intensiver, die Erwartungen höher und damit auch das Risiko von Missverständnissen oder Verletzungen größer.
Die drei Gesprächsebenen beim Führen von schwierigen Mitarbeitergesprächen
Stone, Patton und Heen beschreiben drei zentrale Ebenen, die für jedes schwierige Gespräch und insbesondere beim Führen von Mitarbeitergesprächen relevant sind:
Die „Was ist passiert?“-Ebene
Hier geht es um konkrete Fakten, Leistungen und Ereignisse. Beim Mitarbeitergespräch kann das z. B. die Einschätzung der Arbeitsqualität oder das Verhalten im Team sein. Nennen Sie hier konkrete Beispiele („Mir ist bei den letzten Projekten aufgefallen, dass …“), statt pauschal zu urteilen („Sie sind immer unzuverlässig.“). So erhalten Ihre Aussagen mehr Klarheit und wirken weniger wie ein persönlicher Angriff.
- Wer hat was gesagt oder getan?
- Wer hat welche Absichten unterstellt?
- Wie beurteilen wir Ursache und Wirkung?
Die Gefühls-Ebene
Schwierige Mitarbeitergespräche führen oft zu starken Emotionen: Stolz, Enttäuschung, Verunsicherung. Schaffen Sie Raum für Gefühle: „Ich sehe, dass dich dieses Thema sehr bewegt. Magst du mir kurz erzählen, was dich gerade am meisten beschäftigt?“ Dieses offene Ansprechen erleichtert es beiden Seiten, ehrlich zu sein und empathisch zu reagieren.
- Welche Emotionen sind im Spiel (z. B. Ärger, Enttäuschung, Verletzung)?
- Wie beeinflussen diese Gefühle den Gesprächsverlauf?
Die Identitäts-Ebene
Unsere berufliche Rolle ist eng mit unserem Selbstbild verknüpft. Wird dieses Selbstbild angegriffen, reagieren wir oft besonders empfindlich. Seien Sie sich bewusst, welche Werte und Stärken Ihrem Gegenüber wichtig sind. Machen Sie deutlich, dass konstruktive Kritik nicht die gesamte Person, sondern nur einen Teilaspekt der Arbeit betrifft.
- Was sagt die Situation über mich als Person aus?
- Was bedroht mein Selbstbild und das meines Gegenübers?
Je höher die Emotionalität und je stärker die Identitätsbedrohung, desto schwieriger wird das Gespräch.
Wie lassen sich die Prinzipien von Difficult Conversations in Mitarbeitergesprächen umsetzen?
Wer schwierige Mitarbeitergespräche führen will, sollte sich bewusst machen, dass hierbei oft verschiedene Perspektiven, Gefühle und Identitäten aufeinandertreffen. Mit den 3 Ebenen aus Difficult Conversations lernen wir, diese Dimensionen gezielt anzusprechen und in einen konstruktiven Dialog zu überführen.
Neutralen Blickwinkel („third story“) einnehmen
Vor allem bei kritischen Themen oder Konflikten hilft es, sich zu fragen: „Wie würde eine unbeteiligte Person die Situation sehen?“ Starten Sie das Gespräch mit dieser „dritten Geschichte“, frei von Schuldzuweisungen.
Inhaltliche und emotionale Vorbereitung
Ein Mitarbeitergespräch mit potenziell sensiblen Themen (z. B. Abmahnung, Kündigung, Gehalt) erfordert gute Vorbereitung.
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- Sammeln Sie Fakten und Beispiele für Ihr Feedback.
- Überlegen Sie, welche emotionalen Reaktionen möglich sind.
- Definieren Sie Ihr persönliches Ziel für das Gespräch.
So bleiben Sie souverän und empathisch, selbst wenn es unerwartet intensiver wird.
Emotionen offen ansprechen
Gerade beim Führen von Mitarbeitergesprächen neigen viele dazu, ausschließlich auf sachlicher Ebene zu bleiben. Doch Emotionen sind nie „ausgeschaltet“. Werden sie übergangen, können sie später umso stärker nachwirken. Ermutigen Sie Ihr Gegenüber, Gedanken und Gefühle auszusprechen. Dadurch lassen sich blockierende Emotionen viel eher auflösen.
Identität des Mitarbeitenden respektieren
Negative Rückmeldungen können schnell als Infragestellung der gesamten Person wahrgenommen werden. Damit das nicht passiert:
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- Betonen Sie zu Beginn die Wertschätzung für die geleistete Arbeit oder die Qualitäten, die Sie an der Person schätzen.
- Machen Sie klar, dass Ihre Kritik sich nur auf konkrete Verhaltens- oder Ergebnisaspekte bezieht und nicht die Persönlichkeit insgesamt entwertet.
Gemeinsame Lösungsfindung
Ziel eines jeden Mitarbeitergesprächs sollte es sein, entweder neue Ziele, einen Entwicklungsplan oder Verbesserungsmaßnahmen zu vereinbaren. Erarbeiten Sie Lösungsideen gemeinsam. Wenn Mitarbeitende eigene Vorschläge machen, ist die Bereitschaft viel höher, diese auch wirklich umzusetzen.
Was können wir aus schwierigen Mitarbeitergesprächen lernen?
Aus schwierigen Mitarbeitergesprächen können wir auf mehreren Ebenen lernen und profitieren – sowohl als Führungskraft als auch als Teammitglied oder Kolleg*in.
Klarheit über gemeinsame Ziele
Schwierige Gespräche zwingen uns, sachliche und emotionale Punkte auf den Tisch zu legen. Indem wir diese bewusst ansprechen, kommen wir den wahren Bedürfnissen und Zielen beider Seiten näher. Das hilft, Ziele präziser zu formulieren und Missverständnisse in Zukunft zu vermeiden.
Verbesserte Kommunikation
In belasteten Situationen zeigt sich oft, wo unsere Kommunikation noch hakt – sei es beim aktiven Zuhören oder bei der Formulierung von Feedback. Schwierige Mitarbeitergespräche legen also Schwachstellen offen und geben uns die Chance, Kommunikationstechniken (z. B. aktives Zuhören oder offene Fragen stellen) zu verfeinern.
Wertschätzung der emotionalen Ebene
Gerade in heiklen Mitarbeitergesprächen wird deutlich, welche Rolle Gefühle, Identitäten und Wertvorstellungen spielen. Wer lernt, Emotionen gezielt zu erkennen, zu benennen und respektvoll damit umzugehen, schafft ein Arbeitsklima, in dem sich Mitarbeitende sicher und verstanden fühlen.
Selbstreflexion
Schwierige Mitarbeitergespräche halten uns einen Spiegel vor. Wir erkennen, wie wir selbst in Konfliktsituationen reagieren, welche Annahmen oder Vorurteile wir mitbringen, und wo unsere eigenen Stärken und Schwächen liegen. Das fördert unsere persönliche Weiterentwicklung und Sensibilität im Umgang mit anderen.
Vertrauensaufbau und Teamdynamik
Konflikte oder Missverständnisse bergen immer auch die Chance, durch ihre konstruktive Klärung Vertrauen zu schaffen. Wer Schwierigkeiten nicht „unter den Teppich kehrt“, sondern offen angeht, demonstriert Glaubwürdigkeit und Wertschätzung. Das stärkt die Bindung und den Zusammenhalt im Team.
Konfliktmanagement als Routine
Je häufiger wir lernen, schwierige Mitarbeitergespräche zu führen, desto mehr wächst unser Repertoire an Lösungsansätzen. Mit der Zeit wird das konstruktive Vorgehen zur Routine – wir entwickeln innere Ruhe und Souveränität in emotionalen Situationen.
Schwierige Mitarbeitergespräche als Wachstumschance begreifen
Das Führen von Mitarbeitergesprächen ist ein zentrales Instrument von Führung und Teamsteuerung. Schwierige Mitarbeitergespräche sind herausfordernd, doch sie ermöglichen es uns, vorhandene Reibungspunkte offenzulegen, Kommunikationsfähigkeiten zu verbessern und eine vertrauensvolle Arbeitsbeziehung zu stärken. Auch wenn es zunächst unbequem erscheint – wer diese Chance nutzt, wächst daran langfristig als Führungskraft und schafft ein Umfeld, in dem Offenheit und Zusammenhalt gefördert werden.
So wird aus einem unangenehmen Pflichttermin eine echte Chance für:
- Vertrauensaufbau zwischen Führungskraft und Mitarbeiter*in
- Frühzeitige Problemerkennung und -bearbeitung
- Gezielte Weiterentwicklung von Kompetenzen und Potenzialen
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